Nawi-Woche: Ein Besuch im Endlager Morsleben

20.08.2019

Rund zwölf Prozent unserer Stromerzeugung werden in Deutschland durch Kernenergie gewonnen. Die Benutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung ist stark umstritten. Ein Problem dabei ist der Abfall, der bei der Erzeugung der Kernenergie und im Umgang mit radioaktiven Materialien entsteht. Diese Abfälle strahlen auch noch nach deren Benutzung, sind damit in entsprechenden Mengen gesundheitsschädlich für den Menschen und müssen aus diesem Grund an einem Ort sicher gelagert werden. Das „Endlager Morsleben“ ist einer dieser Orte. Im Rahmen der Naturwissenschaftlichen Woche dürfen wir diesen Standort der Endlagerungsstätte aus nächster Nähe besuchen.

Mit dem Zug geht es von Magdeburg nach Marienborn. Von dort werden wir mit Autos nach Morsleben gefahren, wo wir uns in der „Info Morsleben“ erst einmal eigenständig informieren können. Hier erfahren wir unter anderem, dass das Endlager für radioaktive Abfälle ursprünglich ein Kali- und Steinsalzbergwerk war und dass in der Zeit des Nationalsozialismus hier KZ-Häftlinge arbeiten mussten. Erst in der DDR begann man das Bergwerk als Endlager für radioaktiven Abfall zu benutzen.


Im Rahmen der Nawi-Woche macht sich ein Teil der 11. Klassen zum Endlager Morsleben auf.

In einem Vortrag hören wir später Grundlegendes zur Kernphysik, zu Radioaktivität, Auswirkungen und Entstehung von Strahlung und verschiedenen Endlagerungsmöglichkeiten. Nach kurzen Überlegungen ist man sich einig, dass die Lagerung in tiefen Gesteinsschichten, wie sie auch in Morsleben stattfindet, wohl sinnvoller ist, als das Versenken des radioaktiven Abfalls im Meer oder dem Abschicken einer Rakete, die ebenfalls wieder unglaublich viel Energie benötigt, um ins Weltall zu kommen.  

 

Teils zu Fuß, teils mit Autos geht es durch das komplexe Bergwerksystem.

Nach dem Vortrag und den Einweisungen zum Verhalten in der Tiefe machen wir uns auf den Weg zur „Schachtanlage Bartensleben“. Die zweite ältere „Schachtanlage Marie“, dient als Rettungsschacht, allerdings wird mehrmals darauf hingewiesen, wie lange hier schon keine Unfälle mehr passiert sind. Auch ein Zähler weist auf 985 unfallfreie Tage hin. Trotzdem oder gerade deshalb bekommen wir natürlich eine Schutzkleidung, eine Taschenlampe, ein Atem-Sauerstoffgerät für den Notfall und einen Helm, da der Kopfschutz im Bergbau höchste Priorität hat. Weniger Angst braucht man anscheinend vor der Strahlung im Bergwerk zu haben. Das Endlager Morsleben ist nur für niedrig- und mittelradioaktive Abfälle bestimmt. Ein Endlager für hochradioaktiven Abfall in Deutschland wird immer noch von der „Bundesgesellschaft für Endlagerung“, kurz BGE, gesucht. Dies stellt eine Herausforderung dar, da niemand gerne Atommüll vor seiner Haustür haben will… Uns wird allerdings gesagt, die Strahlung, die man bei einem Flug abbekomme, sei wesentlich höher, als wenn man einmal in das Bergwerk gehe. Trotzdem gelten natürlich die wichtigen Hinweise zum Schutz vor radioaktiver Strahlung, die 4 A‘s: möglichst geringe Aufenthaltszeit und Aktivität, größtmöglicher Abstand und Abschirmung.

In voller Montur werden wir im Aufzug in die Tiefe heruntergelassen, spürbar durch den leichten Druck auf den Ohren.

Angekommen auf der ersten Ebene benutzen wir drei Autos, um uns im großen, komplexen, ehemaligen Bergwerk fortzubewegen. Zwischendurch steigen wir immer wieder aus und uns werden die unterschiedlichsten Berufe vorgestellt, die in Morsleben benötigt werden (z.B. neben Bergleuten auch Geomechaniker und Ingenieure). Wir erfahren von den unterschiedlichen Abbaumethoden und der Bedeutung und Umsetzung von Dämmung, besonders in Bezug auf das Arbeiten mit radioaktivem Abfall. Da der Eintritt von Wasser in die Kammern des radioaktiven Abfalls verhindert werden muss, werden in den oberen Solen schon Dämmungen gebaut und auf ihre Dichte getestet.      

 
In einer ehemaligen Abbaustätte für Salz.   

Immer tiefer fahren wir mit dem Auto unter die Erde. Zwar nicht bis in die 4. Sole, in der die radioaktiven Abfälle gelagert werden, dafür dürfen wir uns aber in einer ehemaligen Abbaustätte für Salz Salzkristalle mitnehmen. Dies wird auch reichlich in Anspruch genommen. Praktisch, dass die Schutzanzüge so große Taschen haben, dass wir uns Salzvorräte für die nächsten Jahre mitnehmen können. Zum Schluss besichtigen wir noch die Werkstatt, in der alles, was unter Tage kaputt geht, auch repariert werden muss. Mit viel Input fahren wir wieder an die Oberfläche und werden in der „Info Morsleben“ mit geschmierten Broten und Getränken empfangen. Nach dieser Stärkung und einer kleinen Auswertungsrunde verabschieden wir uns und es geht zurück nach Magdeburg. Ein interessanter und empfehlenswerter Ausflug.

(Antonius Gümbel)


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